Herr Lehmann trifft Anselm Grün
In der Stadtbibliothek lasen Bruchsaler für Bruchsaler aus ihren Lieblingsbüchern
„Ach wie gut ist es, unter lesenden Menschen zu sein.“ Mit diesem Zitat von Rainer Maria Rilke stimmte Schulpräsident Werner Schnatterbeck auf einen anregenden, Lust auf Lesen machenden, Vorleseabend ein. Wieder konnter er, leider zum letzten Mal, für die Moderation gewonnen werden. Als Vorwort war es ihm ein Bedürfnis, an die Deportation vieler Bruchsaler Juden nach Gurs zu erinnern, die sich an diesem 22. Oktober zum 70. Mal jährte und als ein dunkler Tag in die Geschichte der Stadt einging. Den nachfolgenden Generationen, die in Freiheit leben durften, hieß es, sei aufgegeben dafür zu sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholen könne. Ein Beitrag hierzu leiste die Kultur, die den Gefahren wehren könne und deren Mittel die Humanität stärkten.
Nun schon zum fünften Mal konnten die Aktiven des Fördervereins der Stadtbibliothek Bruchsal Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens animieren, aus ihren aktuellen Liebelingsbüchern zu lesen. Zuvor stellte die Vorsitzende Claudia Fingerhut-Graf den Verein und sein Vorhaben vor, als Beitrag zur Integration, Bücher für die deusch-türkischen Migranten anzuschaffen. Dafür gaben die zahlreich anwesenden Bücherfreunde gerne einen Obolus. Musikalisch umrahmte und bereicherte Jens Skibbe mit großer Stimme und schönen Liedern den Abend. Den Vorleseauftakt machte Schwester Stefanie, die in der Schule für Sozialpädagogik Sancta Maria wirkt und sich seit 2007 für Kinder und Familien in Not einsetzt. „Quellen innerer Kraft“ schenkt Anselm Grün ihr und den Lesern seines Buches. Unter dem Druck des Alltags fühlten sich viele innerlich ausgelaugt und ausgebrannt. Aber Quellen der Kraft, sagt Anselm Grün, sind in jedem vorhanden, es gilt nur, mit seinen inneren Quellen in Berührung zu kommen und sie zum Sprudeln zu bringen. Von einem ganz alltäglichen Menschen, zu Hause in Berlin-Kreuzberg, der, warum weiß niemand so genau, Herr Lehmann gerufen wird, erzählte Alexander Fels, Lehrer am Justus-Knecht-Gymnasium und Mitglied der Band Randstein. Sven Regener, der geistige Vater Herr Lehmanns schildert in seinem Buch das Lebengefühl eines jungen Erwachsenen vor dem Mauerfall. Es passiert nichts Dramatisches, vielmehr lebt das Geschehen von wunderbar genauen Beobachtungen und herrlichen Dialogen.
Nach Südafrika entführte Roland Schäfer, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Bruchsal-Bretten, die Anwesenden mit einer Kurzgeschichte aus „Mafeking Road“ von Hermann Charles Bosman, der die großen und kleinen Freuden und Nöte der Menschen afrikanisch-niederländischen Ursprungs in den Mittelpunkt seiner Geschichte stellt und diese ironisch, komisch, grotesk, voll Witz und überraschenden Wendungen erzählt. „Liebe, ein unordentliches Gefühl“ faszinierte Hans Sauter, Rektor an der Fachschule Sancta Maria. Der Autor, David Precht, plaudert, analysiert, hinterfragt, spekuliert, trägt zusammen, stellt vor, denkt nach über die Liebe und kommt zu dem Schluss: „Liebe ist nicht alles im Leben, aber ohne Liebe ist alles nichts!“ Brigitte Hübner
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